Gute Woche

Selten war eine Woche so positiv wie diese nach den EU-Wahlen. Die Wahlen haben gezeigt, dass etwas in der Luft liegt und dass etwas in Bewegung geraten ist. Veränderungen deuten sich an; der Bruch von verkrusteten Strukturen in der Politik scheint im Gange zu sein. Diese Veränderungen werden demokratisch getragen und sind nicht gegen die Freiheit gerichtet. Sie führen zu einer Stärkung der Demokratie und nicht zu deren Schwächung. Viele Menschen nehmen wieder politisch Stellung. Aus der Spaß- und Eventkultur wächst der Wille zu politischen Veränderungen, und das ist gut und hoffnungsvoll.

Zu den Verkrustungen gehören die Union und die SPD, zu den Gewinnern des Wandels die Grünen, die zu dominierenden Kraft aufsteigen können. Es könnte schlimmer kommen, denn gibt auch Gefahren wie das Erstarken der AfD im Osten der Republik. Wer hier und heute dort die AfD wählt, will unsere demokratisches System hin zu einer autoritären und illiberalen Ordnung führen. Es gibt hier die selbstzerstörerische Tendenz die Grundlagen unsere freiheitliche Gesellschaft und unseres wirtschaftlichen Wohlstands in Frage zu stellen.

Umso wichtiger ist es, dass gerade die jungen Menschen bereit sind, dagegen aufzustehen und demokratische Veränderungen einzufordern. Das macht die Woche zu einer guten.

Geldpolitik

Die Ökonomen Daniel L. Greenwald, Martin Lettau und Sydney C. Ludvigson kommen in ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass die Entwicklung an dem amerikanischen Aktienmarkt nicht von der Zinspolitik der Zentralbank, sondern von dem rückläufigen Anteil der Arbeitseinkommen an der Wirtschaftsleistung bestimmt wird. Der Einfluss der Zinspolitik auf dem Aktienmarkt wird weit überschätzt, so postulieren die Autoren. Der Aktienmarkt in den USA wurde in den vergangenen Jahr seit 1989 mehr von der dominierenden Marktstellung der sogenannten ‚Superstar-Firmen‘ wie Google, Mircosoft und Amazon beeinflusst. Der zunehmende Anteil des Kapitaleinkommens führte zu höheren Investitionen am Kapitalmarkt, die sich an den Renditeerwartungen der ‚Superstars‘ orientierten.

Quelle: FAZ vom 30.4.2019

Das ist ein Schlag gegen die Geldtheoretiker, die der Geldpolitik eine überragende Bedeutung beimessen. Die Zinselastizität ist danach gering; die Politik der Zentralbanken weitgehend wirkungslos. Sie führt lediglich zu einer Hyperinflation der Vermögenswerte.

Quelle: FAZ vom 30.4.2019 und National Bureau of Economics Research

Besoffen

Diese nationale Besoffenheit, in der sich viele heute hineinsteigern, ist auch keine Lösung, weil Saufen am Ende keine Lösung ist. Man kann sich vielleicht eine Zeitlang der Realität verweigern und versuchen eine Welt, die einst war und nun nicht mehr ist, zu bewahren. Aber die Realität ist, dass sich die Welt verändert hat und sich nicht bewahren lässt. Die Brexiteers in UK müssen das nun lernen. Sie müssen lernen, dass der Austritt aus der EU die Probleme nicht nur löst, sondern neue schafft.

Nationalisten sind immer gegen etwas. Sie wollen zerstören, was Jahre dauerte, es aufzubauen. Die EU ist ein Bauwerk, das Jahrzehnte brauchte, es zu errichten. Doch was man mit der EU gewonnen hat, wird nicht mehr geschätzt. Nationale Lösungen können aber internationale Kooperationen nicht ersetzen. Der technische Fortschritt und die internationale Arbeitsteilung lassen sich nicht zurückdrehen. Sie sind Realität. Wenn ein Produkt heute erstellt wird, dann setzen sich ihre Teile aus Komponenten zusammen, die aus der ganzen Welt kommen. Wer also Zollgrenzen erhebt und Mauern an den Außengrenzen errichten will, sperrt nicht nur das aus, was von außen kommt. Denn eine Mauer hat immer zwei Seiten. Sie sperrt auch das ein, was von innen kommt; sie sperrt die Menschen ein, die hinter der Mauer leben, und sie sperrt die Produkte ein, die dahinter produziert wurden. Wer Zölle erhebt, muss an anderen Grenzen Zölle zahlen.

Don Quichotte kämpfte gegen Windmühlen, um sein altes Rittertum zu bewahren. Er sah sie nicht als Windmühlen, sondern als Monster, die seine Welt bedrohten. Doch sein Rittertum war längst untergegangen. Er wollte die neue Realität nicht anerkennen und las die alten Bücher über das alte Rittertum und übersah, dass die Phantasiewelt der Ritter nicht mehr in der realen Welt existierte. Mir kommt es vor, als ob wieder vielen Menschen gegen Windmühlen rennen, anstatt die Zukunft zu gestalten.