Ostergrüsse aus Herzberg
Montagmorgen in Berlin

Besoffen
Diese nationale Besoffenheit, in der sich viele heute hineinsteigern, ist auch keine Lösung, weil Saufen am Ende keine Lösung ist. Man kann sich vielleicht eine Zeitlang der Realität verweigern und versuchen eine Welt, die einst war und nun nicht mehr ist, zu bewahren. Aber die Realität ist, dass sich die Welt verändert hat und sich nicht bewahren lässt. Die Brexiteers in UK müssen das nun lernen. Sie müssen lernen, dass der Austritt aus der EU die Probleme nicht nur löst, sondern neue schafft.
Nationalisten sind immer gegen etwas. Sie wollen zerstören, was Jahre dauerte, es aufzubauen. Die EU ist ein Bauwerk, das Jahrzehnte brauchte, es zu errichten. Doch was man mit der EU gewonnen hat, wird nicht mehr geschätzt. Nationale Lösungen können aber internationale Kooperationen nicht ersetzen. Der technische Fortschritt und die internationale Arbeitsteilung lassen sich nicht zurückdrehen. Sie sind Realität. Wenn ein Produkt heute erstellt wird, dann setzen sich ihre Teile aus Komponenten zusammen, die aus der ganzen Welt kommen. Wer also Zollgrenzen erhebt und Mauern an den Außengrenzen errichten will, sperrt nicht nur das aus, was von außen kommt. Denn eine Mauer hat immer zwei Seiten. Sie sperrt auch das ein, was von innen kommt; sie sperrt die Menschen ein, die hinter der Mauer leben, und sie sperrt die Produkte ein, die dahinter produziert wurden. Wer Zölle erhebt, muss an anderen Grenzen Zölle zahlen.
Don Quichotte kämpfte gegen Windmühlen, um sein altes Rittertum zu bewahren. Er sah sie nicht als Windmühlen, sondern als Monster, die seine Welt bedrohten. Doch sein Rittertum war längst untergegangen. Er wollte die neue Realität nicht anerkennen und las die alten Bücher über das alte Rittertum und übersah, dass die Phantasiewelt der Ritter nicht mehr in der realen Welt existierte. Mir kommt es vor, als ob wieder vielen Menschen gegen Windmühlen rennen, anstatt die Zukunft zu gestalten.